Katalog

Sektion I

„Vater Franz“ – oder Fürst Franz von Anhalt-Dessau?

Das Bild, das Zeitgenossen bereits zu seinen Lebzeiten von ihm entworfen hatten, ist bis heute lebendig geblieben: Der Fürst gilt als „Vater Franz“, ein um das Wohl seines Landes und seiner Untertanen besorgter Landesvater und aufgeklärter Reformer. Es ist die Rede vom „Friedensfürsten“, seine Herrschaft wird beschrieben mit Blick auf Agrarreformen, Verbesserungen des Bildungswesens, Durchsetzung der Religionstoleranz. Bereits zu Lebzeiten haben zahlreiche Schriftsteller dieses Bild vom „Vater Franz“ verbreitet.
Es ist bis heute lebendig geblieben.

Die Ausstellung über Franz in seiner Residenzstadt betont die Stellung des Fürsten. Seine Baumaßnahmen wie auch seine Reformen dienten dazu, ihm selbst, seiner Familie und seinem kleinen Territorium Sichtbarkeit zu verleihen. Es ging immer auch um Repräsentation.

Im ersten Ausstellungsraum werden die Regierungsthemen gezeigt, aus denen sich das Bild des „Vaters Franz“ als aufgeklärter Reformer speist: als „Kümmerer“, als Agrarreformer, als Bildungsreformer, als Verfechter der Religionstoleranz, als Freund von Aufklärern wie Johann Reinhold Forster.

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Sektion II

Franz in seiner Stadt – Dessau als Residenzstadt des Fürsten Franz

Dessau bildete als Residenzstadt seines Fürstentums das natürliche Zentrum seiner Herrschaft. Hier befand sich das fürstliche Schloss, in dem Fürst Franz residierte, hier konzentrierte sich der Hofstaat, mit dem er sich repräsentierte, und hier waren die hohen Verwaltungsbeamten sesshaft, die das Herzogtum Anhalt-Dessau in seinem Namen regierten. Mit 8.000 bis 10.000 Einwohnern war Dessau die größte Stadt des Herzogtums.

Fürst Franz verfolgte über Jahrzehnte den Plan, Dessau repräsentativer zu machen. Zuerst ließ er in den 1760er Jahren die Neue Straße anlegen. Die ländlich geprägte Bebauung der engen Seitengassen verschwand hinter Prachtfassaden. Anschließend folgte noch im ersten Regierungsjahrzehnt die Errichtung mehrerer Palais im Kern der Dessauer-Altstadt. In den 1790er Jahren entstanden dann weitere Prachtgebäude im Umfeld des Schlosses: die Orangerie, die Hauptwache, die Neue Reitbahn, die Erweiterung der Hofstallungen und die Errichtung des Hoftheaters – eines der größten im gesamten Alten Reich.

Daneben war Dessau auch Zentrum der Reformprojekte des Fürsten: vom Armenwesen über die Schulreformen und die Buchhandlung der Gelehrten bis zur Chalkographischen Gesellschaft. Dies alles lockte zahlreiche Gelehrte, aber auch Adlige und andere wohlhabende Oberschichten nach Dessau und trug so maßgeblich zum Ruf der Stadt während der Regierung von Fürst Franz bei.

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Sektion III

Repräsentationsbauten – Schloss- und Stadtkirche St. Marien

Mit dem teilweisen Umbau des Stadtschlosses durch Erdmannsdorff 1767/1768, der Neugestaltung des Lustgartens 1775 und dem Bau des Theaters 1797/1799, ebenfalls von Erdmannsdorff an der Kavalierstraße, vervollständigte Leopold Friedrich Franz die wichtigsten Repräsentationsbauten seiner Residenz. Fürst Franz hat im Zusammenhang mit dem Umbau der Residenzstadt Dessau auch die Marienkirche umbauen lassen. Die Marienkirche war die Schloss- und Begräbniskirche der Fürsten von Anhalt-Dessau. Fürst Franz machte aus ihr einen Erinnerungsort an sein Herrschaftsgeschlecht. Er ließ die spätgotische Architektur der Kirche unangetastet. Damit konnte jeder Besucher das Alter der Kirche
sinnlich wahrnehmen.
Die vom Fürsten beauftragten Umbauten sollten den gotischen Eindruck unterstreichen. Im Osten der Kirche ließ er im Chor einen Fürstenstuhl einbauen. Dieser Fürstenstuhl wurde im gotischen Stil errichtet, man verlieh ihm also zumindest den Anschein von Alter und Tradition. Ebenfalls im gotischen Stil waren die neu eingebauten Emporen in der Kirche errichtet worden. Diese Emporen waren im Chor mit Wappen verwandter Herrscherhäuser verziert. Auch das Bildprogramm verknüpfte christliche Motive mit der Erinnerung an die eigenen Vorfahren.

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Sektion IV

Feiern am Rande des Abgrunds – Franz regiert 50 Jahre

Das 50. Regierungsjubiläum von Leopold Friedrich Franz fiel in das Jahr 1808. Nur wenigen Dessauern war nach Feiern zumute. Die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt und damit Preußens Niederlage gegen Napoleon war gerade zwei Jahre her. Nun hing die weitere Existenz Anhalts ab von den undurchschaubaren Plänen eines fremden Eroberers. Entsprechend setzten die Organisatoren des Jubiläums nicht auf eine Demonstration von Macht und Glanz nach außen, sondern auf Zusammenhalt im Innern.

Die Feierlichkeiten hatten ihr Zentrum in der Residenzstadt Dessau. Dort standen repräsentative Bauten ebenso wie eine zahlreiche Einwohnerschaft als Resonanzboden zur Verfügung. Die Jubiläumsfeier war als Huldigung der gesamten Bevölkerung an ihren Landesvater organisiert. Man zelebrierte die Segnungen seiner Herrschaft auf verschiedenen Ebenen: es gab einen Festumzug der Dessauer Bürgerinnen und Bürger, ein Festmahl mit geladenen Gästen, Gottesdienste in Anhalts Kirchen und eine Opernaufführung.
Fürst Franz wurde als weltlicher und geistlicher Territorialherr sowie als fürsorglicher Landesvater präsentiert.

Im abendlichen Dessau erleuchtete ein Ehrentempel. Die Bürger dekorierten auf Anweisung ihre Häuser mit Huldigungsadressen. Zahlreiche Publikationen sollten die Feier flankieren und verewigen. Straffe Organisation durch Staat, Kirche und Militär und eine offenkundig rege Anteilnahme der Bevölkerung haben das Jubiläum zu einem Baustein künftiger Jubiläumsfeiern des Fürsten Franz werden lassen.

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Sektion V

Franz in Stein und Bronze – Standbilder des Fürsten Franz in Dessau

Die Aufstellung von Herrscherplastiken im öffentlichen Raum gehörte von jeher zum festen Repertoire aristokratischer Repräsentation. Es überrascht daher nicht, dass Prinz Johann Georg von Anhalt-Dessau bereits zu Beginn der 1780er Jahre ein Standbild seines Bruders Fürst Franz aus Sandstein im Georgengarten aufstellen ließ. Ganz bewusst wurde bei der Gestaltung dieser Statue auf ein in der Antike weit verbreitetes Bildmotiv des Augustus in römischer Toga als Pater Patriae, als Vater des Vaterlandes, zurückgegriffen. Damit verkörperte das Franz-Standbild im Georgengarten bereits zu dieser Zeit das weit verbreitete Bild vom „Vater Franz“.

Das 1858 auf dem Neumarkt errichtete Franz-Standbild wiederum nimmt ganz die Erinnerungsfigur des
„Vaters Franz“ auf und schreibt sie fort. Dieses Denkmal für den Fürsten Franz gehörte zum
Legitimationskonzept seines Enkels Herzog Leopold Friedrich, der dessen Herstellung und Errichtung im
Wesentlichen auch finanzierte. Das Standbild blieb bis 1935 an seinem Standort, dann wurde es versetzt
und drohte schließlich für Rüstungszwecke eingeschmolzen zu werden. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zur Diffamierung der Fürstenstatuen in Dessau als Symbolfiguren adliger „Blutsauger“. Das Franz-Standbild im Georgengarten wurde zerschlagen und verschwand, das Franz-Denkmal auf dem Neumarkt entging der Vernichtung nur sehr knapp und kehrte nach einem Zwischenspiel im Wörlitzer Garten erst 1998 wieder an seinen ursprünglichen Standort zurück.

Die wechselvolle Geschichte der Standbilder für Fürst Franz im Georgengarten und auf dem Neumarkt zeigt damit auch den Wandel des Franz-Bildes in der jüngeren Vergangenheit.

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Sektion VI

Geschmackswandel in der Residenzstadt Dessau

Als Leopold Friedrich Franz 1740 geboren wurde, wuchs er am anhaltischen Hof in einer barocken Welt auf. Sein Großvater, der Alte Dessauer, sein Vater Leopold Maximilian, seine Onkel und Tanten ließen sich traditionell im barocken Repräsentationsbild porträtieren. In seiner Kindheit wurde das Residenzschloss spätbarock umgebaut. Die Onkel Fürst Dietrich, Fürst Moritz und Fürst Eugen bauten sich entsprechende Stadtpalais und Prinzessin Anna Wilhelmine sozusagen als letztes in der Kette der Bauwerke das Rokokoschloss in Mosigkau. Diesen barock geprägten Hof wandelte der junge Fürst nach seinem Regierungsantritt 1758. Sein künstlerisches Naturell ließ ihn zu neuen künstlerischen Formen greifen, die
er mit Hilfe Erdmannsdorffs und seinen eigenen Erfahrungen auf den Reisen vor allem durch England und Italien gesammelt hatte. Der Einzug des Klassizismus in Dessau hatte einen weitreichenden Einfluss auf Stadt und Land. Von Schlössern über Bildnisse bis hin zum Möbelstück – alles bekam ein neues Angesicht.

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Ausstellung

Federführung: Frank Kreißler
Kurator: Reinhard Melzer
Konzept: Andreas Pečar, Paul Beckus, Andreas Erb, Reinhard Melzer, Frank Kreißler
Bildredaktion und Reproduktion: Sven Hertel

Katalog

Herausgeber: Andreas Pečar und Frank Kreißler für die Stadt Dessau-Roßlau
Redaktion: Frank Kreißler
Assistenz: Fabian Schubert, Antje Geiger
Entwurf Titelbild und Bildredaktion: Sven Hertel